Der Beginn von Walter Euckens Universitätslaufbahn in Berlin fiel mit dem Beginn der ersten parlamentarischen Demokratie in Deutschland zusammen, der Weimarer
Republik. Bereits bei ihrer Gründung war diese mit großen politischen und wirtschaftlichen Problemen konfrontiert.
So musste schnellstmöglich die Versorgungslage der Bevölkerung verbessert werden, die unter den Folgen des Ersten Weltkriegs litt. Die rüstungsorientierte
Kriegswirtschaft sollte zu einer Friedenswirtschaft umstrukturiert werden. Darüber hinaus hatte die Weimarer Republik mit hohen Kriegsschulden und mit den Reparationszahlungen aus dem Versailler
Vertrag zu kämpfen.
Die Regierung versuchte, die angespannte Haushaltslage mit immer höheren Krediten und dem Drucken von Geld zu bekämpfen – erfolglos. Diese Maßnahmen führten 1923
dazu, dass Bargeld und die Sparguthaben der Bürger massiv entwertet wurden und die Preise explodierten. Man spricht heute von einer Hyperinflation.
Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich Eucken mit dem Verhältnis von Staat und Wirtschaft. Er suchte nach Rahmenbedingungen, also nach einer Geldverfassung, die
stabiles Geld und solide Staatsfinanzen sichern konnte. Während der 1920er-Jahre entstand – wie Eucken kritisch beobachtete – eine zunehmende Konzentration privater Macht in der Wirtschaft. Das
heißt, dass sich Unternehmen ungehindert in Kartellen zusammenschließen und Preisabsprachen treffen konnten. Manche Unternehmen hatten sogar eine Monopolstellung, sodass sie als einziger Anbieter
für ein bestimmtes Produkt auf dem Markt den Preis festlegen konnten. Durch diese Marktmacht konnten sie überhöhte Preise durchsetzen, worunter vor allem die Konsumenten, also die meisten Bürger
zu leiden hatten. In der Weimarer Zeit nutzten viele Unternehmen diese Macht, um die Politik zu beeinflussen. So entstanden enge Verflechtungen zwischen Staat und Wirtschaft.
Walter Eucken sah in diesen engen Beziehungen zwischen Staat und Wirtschaft eine große Gefahr. Er meinte, dass dieser „Wirtschaftsstaat“, wie er ihn nannte, zwar den
Interessen einzelner, mächtiger Gruppen diente, nicht aber dem Gemeinwohl aller Bürger.
Nachdem die junge Demokratie Mitte der 1920er-Jahre einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt hatte, weitete sich 1929 ein Börsencrash in den Vereinigten Staaten zu
einer weltweiten Wirtschaftskrise aus. Dies führte auch in Deutschland dazu, dass die Bevölkerung wie schon zu Beginn der Weimarer Republik unter Versorgungsengpässen, Armut und Hunger
litt.
Mangelnde Erfolge in der Bewältigung dieser Krise gaben zu Beginn der 1930er-Jahre Kommunisten und Nationalsozialisten Auftrieb. Gleichzeitig verloren demokratische
Parteien zunehmend an Zustimmung. Das Vertrauen der Bürger in die Demokratie wurde ausgehöhlt.